Unser großes Interview mit GEEZER BUTLER – Bewegtes Leben
GEEZER BUTLER – Bewegtes Leben
Es gibt nur wenige Musiker, die den Lauf der Musikgeschichte nachhaltig verändert haben. Leute wie Chuck Berry oder natürlich die Beatles. Die Rock- und Metalfans haben natürlich ihre Ikonen mit Alice Cooper, Led Zeppelin und – natürlich – Black Sabbath. Schließlich gilt Black Sabbath bei den meisten Experten als Väter des Heavy Metal. Nachdem bereits Gitarrist Tony Iommi und Sänger Ozzy Osbourne ihre Biografie veröffentlicht hatten, folgt nun Bassist TERENCE MICHAEL JOSEPH „GEEZER“ BUTLER mit seinen Memoiren. Ein Grund die Legende einmal zum Gespräch zu bitten.
HARDLINE: Geezer, schön dass du dir Zeit für uns genommen hast. Du hast ja ein unglaublich interessantes Buch geschrieben.
GEEZER BUTLER: Sehr gerne. Es ist schön, mal wieder mit der Presse zu reden.
HL: Ozzy und Tony haben ja ihre Memoiren vor Jahren veröffentlicht. Du warst für viele der Song-Lyriks verantwortlich und doch bist du hier der Nachzügler. Bist du vorher nie auf die Idee gekommen, eine Biografie zu veröffentlichen? Ich meine, du hast ja in deinem Leben einiges erlebt.
GB: Viele Fans haben mich darauf auch bereits angesprochen. Ihr habt Recht, ich habe viele der Songtexte bei Sabbath geschrieben, aber man braucht Ruhe und Zeit, um so ein umfangreiches Projekt anzugehen. Und genau dies hatte ich eine lange Zeit nicht. Sowohl Ozzy als auch Tony haben sich die Hilfe eines Ghostwriters geholt. Das wollte ich aber nie. Ich habe den Anspruch, wenn ich so etwas wie eine Biografie schreibe, dann möchte ich das auch komplett allein machen. Aber während der Pandemie war ich, wie die meisten von uns isoliert zuhause und hatte nichts weiter zu tun, also war dies eine gute Zeit, meine Memoiren zu schreiben.
HL: Du bist, genauso wie Tony Iommi, Ozzy Osbourne und Bill Ward, in Birmingham aufgewachsen. Birmingham hat einige Bands hervorgebracht. Neben Sabbath kommen auch Judas Priest, The Moody Blues, Napalm Death oder Electric Light Orchestra aus deiner Heimatstadt. Wie hat deine Herkunft aus Birmingham deine musikalische Reise beeinflusst?
GB: Ich vermute, dass meine Herkunft aus der Arbeiterklasse in einem vom Krieg zerstörten Birmingham mich inspiriert hat, über die dunklere Seite des Lebens zu schreiben. Es war ein hartes Leben und ich schrieb über meine Erfahrungen und meine Lebensansicht.
HL: Du hast viele Musiker inspiriert, selbst zum Instrument zu greifen und zu komponieren. Aber wer hat dich wiederum inspiriert? Wer ist dafür verantwortlich, dass Geezer Butler am Ende Musiker geworden ist?
GB: Für mich fing klassischerweise alles mit den Beatles an. Aber bald darauf kam Frank Zappas Mothers Of Invention dazu, genau wie American Blues, Hendrix und Cream. Das war meine Initialzündung.
HL: Wie würdest du den spezifischen musikalischen Stil eines Geezer Butler beschreiben?
GB: Das ist recht simpel: I schreibe über die dunklen Seiten des Lebens und der Realität des Lebens in einer zerbrochenen Welt.
HL: Ich habe ja gesagt, dass du Generationen von Musikern beeinflusst hast. Mit Sabbath hast du den Heavy Metal erfunden und bist Teil der Rock’n’Roll Hall of Fame. Wie fühlt es sich für dich an, ein prägnanter Teil der Musikgeschichte zu sein?
GB: Rückblickend gesehen, ist es sehr zufriedenstellend, vor allem weil die Kritiker uns gehasst und nie verstanden hatten, was unsere Fans in uns gesehen haben.
HL: Was waren die größten Herausforderungen und Highlights, wenn du an deine Zeit bei Sabbath zurückdenkst?
GB: Zu den größten Herausforderungen gehörte die Erkenntnis, dass wir von unseren Managern und Labels betrogen wurden. Die Höhepunkte waren, dass unsere Musik sehr erfolgreich wurde und wir die größten und loyalsten Fans von allen hatten.
HL: Wie hast du dich als Bandmitglied entwickelt? Sowohl musikalisch als auch persönlich?
GB: Ich habe gelernt, Vertrauen in mein Spielen und Schreiben zu haben und mich mit meiner Musik wohlzufühlen.
HL: Du bist für die meisten Songtexte bei Black Sabbath verantwortlich. Kannst du uns einen kurzen Einblick in den kreativen Prozess hinter einigen deiner ikonischsten Songs geben?
GB: Ich glaube das größte Geheimnis ist gewesen, dass ich die ikonischsten Texte während des Aufnahmeprozesses geschrieben habe, hahaha. Also Während Tony oder Bill ihre Parts eingespielt haben, habe ich mich in eine Ecke zurückgezogen und habe die Texte geschrieben. Ich arbeite am effektivsten unter Druck, hahaha.
HL: In deiner Zeit bei Sabbath hast du auch einige der legendärsten Sänger miterlebt. Ozzy Osbourne, Ronnie James Dio, Ian Gillan und auch Tony Martin. Jeder Sängerwechsel hat auch einen Stilwechsel zur Folge gehabt. Wie ordnest du die Sänger ein? Welches war die für dich beste Phase.
GB: Ich habe den größten Bezug zur Ozzy- und Dio-Phase. Beide setze ich auf eine Stufe, weil beide gleich wichtig für Sabbath gewesen sind. Ronnie war der ultimative Profi. So jemanden wünscht sich jeder für eine Zusammenarbeit. Er war immer top vorbereitet und hat alles auf den Punkt gebracht. Und Ozzy? Ozzy ist halt Ozzy. Ohne Ozzy wäre Black Sabbath nie das geworden, was es heute ist. Er ist zwar chaotisch aber ein herzensguter Mensch.
HL: Welche Momente oder Entscheidungen würdest du sagen, waren besonders prägend für dich?
GB: Ich habe Black Sabbath den Namen gegeben. Ich habe die Band die Richtung vorgegeben und ich habe immer an die Musik geglaubt.
HL: 2011 kam es zum großen Paukenschlag: Black Sabbath kam wieder zusammen und nehmen ein neues Album auf. Wie fühlte es sich damals für dich an und wie waren deine Gefühle nach dem letzten Konzert 2017 in Birmingham?
GB: Es war großartig, als die Band 2011 aus den richtigen Gründen wieder zusammenkam. Es ging nicht ums Geld, obwohl das natürlich ein schöner Nebeneffekt gewesen ist. Nein, wir kamen nach all den Jahren zusammen und fühlten uns wie damals am ersten Tag. Wir wollten einfach nur Musik machen. Das war einfach toll. Und das Ende der Band? Ich denke, es war absolut perfekt getimt. Wir fingen an, uns zu wiederholen und es war abzusehen, dass zukünftige Tourneen aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr so einfach zu stemmen sein werden. Und Birmingham war der perfekte Schlusspunkt. Hier hatte es begonnen und hier endete es wieder.
HL: Du hattest Black Sabbath 1984 verlassen und bist erst 1990 wieder zurückgekehrt. Hast du die Karriere von Sabbath nach deinem Weggang weiterverfolgt?
GB: Nein, ich finde, es ist nicht mehr Black Sabbath, wenn ich nicht dabei bin.
HL: Wie sieht es mit den Solo-Karrieren von Ozzy oder Dio aus? Du sagtest ja, dass die Phasen mit den beiden, die wichtigsten für dich waren.
GB: Nicht wirklich. Ich habe zwar ein paar Jahre bei Ozzy am Bass ausgeholfen, aber verfolgt habe ich die Karrieren nicht. Nicht weil es mich nicht interessiert hätte, ich hatte keine Zeit.
HL: Was ist dein Lieblingsalbum von Black Sabbath und warum?
GB: Das ist einfach: „Paranoid“. Jeder Song auf diesem Album ist ein verdammter Klassiker und ein absolutes Original.
HL: Mit „Plastic Planet“ (1995), „Black Science“ (1997) und „Ohmwork“ (2005) hast du bisher drei Soloalben veröffentlicht. Kommt noch ein neues Album von dir oder war es das?
GB: Ich muss in der richtigen Stimmung sein, um ein Album aufzunehmen. Ich bin jetzt alt, aber wenn ich die Inspiration habe, werde ich wieder anfangen zu schreiben und sehen, was passiert. Abseits von Musik und endlosen Reisen habe ich in den letzten Jahren einfach die Zeit mit meiner Familie und meinen Tieren genossen.
HL: 2018 gab es ein neues Lebenszeichen von dir. Du warst, gemeinsam mit Steve Stevens, Matt Sorum und Franky Perez Teil der Band Deadland Ritual. Ich hatte euch 2019 in Berlin live erlebt und es war für mich ein unglaubliches Erlebnis. Warum habt ihr euch aufgelöst, ohne ein Album zu veröffentlichen?
GB: Wir hatten genug Material für ein wirklich großartiges Album. Wir sind auf Tour gewesen und wollten danach ins Studio gehen. Doch dann kam die Pandemie. Die Studios wurden geschlossen und du durftest die Häuser nicht verlassen. Danach fielen Matt und Franky aus Zeitgründen aus. Aber wer weiß, vielleicht schaffen wir es ja irgendwann dieses Album aufzunehmen. Die Songs sind wirklich großartig.
HL: Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus? Einige der größten Musiklegenden wie Kiss, Deep Purple oder Aerosmith gehen auf Abschiedstournee. Ozzy wird wohl aus gesundheitlichen Gründen auch nicht mehr live auftreten. Wie sieht es bei Geezer aus?
GB: Um ehrlich zu sein, derzeit bin glücklich zu Hause und genieße mein Leben mit meiner Familie und meinen Tieren.
HL: Geezer vielen Dank für diesen Einblick in dein Leben. Wir wünschen dir alles Gute und weiterhin viel Gesundheit. Bleib uns noch eine Weile erhalten.
GB: Ich gebe mir Mühe, hahaha. Vielen Dank für eure Zeit. Es hat mir viel Spaß gemacht.
Text: Pat St. James
Pic-Credits by Ross Halfin