MYTHEMIA
IN EINER SPRACHE, DIE ALLE VERSTEHEN
Die vor über einem Jahrzehnt gegründete Folkband Mythemia, bestehend aus dem Sänger Rodrigo Mansilla, Bassist Marc Brode, Geiger Thomas Pukrop, Drummer Cedric Sowade und Gitarrist Felix Tenten wächst beständig und zielstrebig. Jetzt hat die Band für das Booking ein großes Label an der Seite und es ist mit viel neuen und spannenden Entwicklungen zu rechnen. Wir wurden bei der Stormseeker-Tour auf diese Kombo aufmerksam und fanden, dass Mythemia alle Aufmerksamkeit wert ist – daher dieses Interview. Violinist Thomas war so nett, uns einige Fragen zu beantworten…
Die Band wurde ja bereits 2012 gegründet. Bist du Gründungsmitglied?
Ich wollte ein bisschen Musik machen zu Beginn meines Studiums, da war ich Anfang 20, was ich heute nicht mehr bin (lacht). Ja, ich bin definitiv Gründungsmitglied von Mythemia, auch der Einzige, der jetzt noch dabei ist. Alle anderen kamen nach mir in die Band. Wir haben zunächst fünf Jahre lang in dieser Besetzung gespielt, zu dieser Zeit noch mit einem Didgeridoo-Spieler und einer Frau am Gesang. Wir haben über diese Zeit Pagan-Folk gespielt mit einer akustischen Gitarre, Schlagzeug und mir an der Geige. Wir waren sehr inspiriert von Bands wie Omnia und Wardruna.
Wie kam es dazu, dass aus der ‚female Voice‘ ein Mann wurde?
„Geschichten, die wir erleben; von Heimweh und Fernweh… „
Eine Stimme ersetzen in der Art von ‚wir tauschen dich jetzt aus und keiner merkt’s‘ funktioniert so oder so nicht, deshalb kann man auch etwas ganz anderes machen, das wirkt dann auch nicht wie eine billige Kopie. Das Konzept vom Anfang ist geblieben; wir sind immer noch die Weltenwanderer. Wir fliegen immer noch Luftschiff und erleben Abenteuer. Das Luftschiff ist immer noch auf allen Artworks und Logos zu sehen. Geschichten, die wir erleben; von Heimweh und Fernweh… Unser erstes Album ist auch zur Hälfte deutsch zur Hälfte englisch. Wir sind allerdings in Deutschland unterwegs und möchten Geschichten erzählen. Deshalb wählten wir auch eine Sprache, die hier alle verstehen, nämlich deutsch. Ich schreibe mein ganzes Leben schon Gedichte und Texte. Somit bin ich dann die einzige Person, die ihre Geschichten auch verkauft.
Unserem damals noch zukünftigen Sänger Rodrigo sind wir schon ein paarmal auf Mittelaltermärkten begegnet, und Annie Hurdy Gurdy hat uns damals gesagt: ‚Nehmt den! – einen Besseren werdet ihr nicht finden.‘ Wir haben ihn eingeladen und gefragt, er hatte Lust auf uns und unsere Musik. Wir sind mit dieser Entscheidung sehr glücklich.
Es gab allerdings auch Veränderungen…
Stimmt! Der größte Wechsel war eigentlich weg vom Pagan-Folk zu modernem, tanzbarem, rockigem Folk.
Stimmt der Eindruck also, dass es mit Rodrigo rockiger geworden ist…
Insgesamt schon, allein dadurch, dass einige Party-Songs dabei sind. Das aktuelle „Nimmerland“-Album unterscheidet sich auch sehr von seinem Vorgänger“. „Firmament“ hat viele Balladen und getragene Songs. „Nimmerland“ hingegen enthält mehr schnelle und verspieltere Melodien. …und (lacht) unser erstes Trinklied. Das wird sich in diese Richtung auch weiterentwickeln, es wird noch flotter, noch spaßiger… Es wird noch mehr ‚Mitmach-Nummern‘ geben, die dann live für Stimmung sorgen.
Ihr wart ja bereits auf einigen Festivals und Events in diesem Jahr, Hörnerfest, Sternenklang… Wo wart ihr zuletzt, was ist zu erwarten und weiter zu wachsen?
Wir waren beim Hexentanz, das war auch ziemlich cool. Dadurch, dass wir mit NoCut jetzt einen Partner für das Booking an der Hand haben, müssen wir nicht jedem Veranstalter selbst kontaktieren. Dadurch entstehen einfach mehr Chancen. Bislang hieß das immer ‚Mittelaltermarkt‘ und ‚Stadtfest‘, es waren nie die großen Festivals, dazu hatten wir nicht die Kontakte. Beim Hexentanz haben die uns animiert, eine Autogrammstunde oder ein Mett & Greet beim Gig zu machen. Wir dachten, da kommen dann zwei bis drei Leute – aber die Fans haben da glatt eine halbe Stunde gewartet, um mit uns Fotos zu machen und um Autogramme zu bekommen.
Wie ist der Kontakt zu NoCut entstanden?
Im Endeffekt über Morgane Kreuzer. Wir haben vor einigen Jahren beim Hörnerfest (noch unter Corona-Bedingungen) gespielt, da haben wir uns kennengelernt. Wir haben halt gewusst, wer sie ist und dass sie bei NoCut arbeitet. Es war allerdings nicht mehr, als dass man wusste, dass es uns gibt.
Zwei Jahre später spielten wir der wunderschönen Atmosphäre des Weißenhäuser Strands auf dem Plage Noir, dort gab es eine Folkbühne und eine Taverne. Dort haben wir uns wieder getroffen und länger unterhalten. Eine witzige Anekdote ist: Für das Line-Up der großen Bands musste man auf kleinen Plakaten nach den passenden Uhrzeiten suchen, für uns hing da ein Din A4-Plakat auf dem Stand zu lesen, wann wir dort auftreten. Ein Umstand, der uns in die Karten spielte. Nach dem Festival hat Morgane sich dann dafür eingesetzt, sodass wir NoCut letztendlich als Bookingpartner gewinnen konnten . Eigentlich geht es dort ja eher so Richtung Gothic, Metal und Rock, aber wir vertreten jetzt zusammen mit Stormseeker unter anderem jetzt die Folk-Ecke bei NoCut.
Reden wir mal über Stromseeker… Ihr wart Support auf deren Tour – ihr hattet im Vorfeld schon einige Clubkonzerte gegeben – wie war das für euch?
Die Stimmung bei den Konzerten war super! Eine Angst bei Clubkonzerten ist halt immer, dass keiner kommt. Bei einem Mittaltermarkt sind immer Leute – ob die nun für uns gekommen sind oder nicht – aber bei einem Clubkonzert kommen die Leute ja zielstrebig zu den Bands. Wenn es keine entsprechenden Vorverkäufe gibt, werden die Konzerte abgesagt, so etwas kommt immer wieder mal vor. Stormseeker hatten halt viele ausverkaufte Shows oder zumindest sehr gut besuchte Gigs. Wenn dann innerhalb einer Tour zwei Shows dabei sind, die nicht gut besucht sind, ist das immer noch eine gute Quote. Dazu kommt, dass wir mit der gesamten Crew von Stornseeker sehr aneinander gewachsen sind. Eine harmonische Truppe, die vom Alter gut zusammenpasste – teils kannten wir uns auch schon vorher. Trotz kleiner Clubs, wo es schon schwierig war, Support und Hauptact zusammen zu bringen haben wir uns perfekt arrangiert.
Stormseeker waren aufgrund der ersten eigenen Tour auch recht nervös…
…das ist sicherlich ein nachvollziehbarer Aspekt, denn sie halten schließlich ihren Kopf dafür hin, wenn die Verkaufszahlen schlecht sind und die Gigs nicht gut besucht werden.
Wenn wir schon von Support-Gigs reden: Ihr wart tatsächlich auch bereits Voract von Versengold…
„Vor so vielen Leuten zu spielen waren wir nicht gewohnt…“
…das stimmt. Das war auch eine andere Sache, denn in diesem Fall reden wir von mehreren tausend Leuten im Publikum. Ein ziemlich krasses Gefühl, muss ich sagen! Schon auch ein ziemlich unwirkliches Gefühl – wir wussten halt, dass Versengold die Band in der Szene ist, deren Einfluss man auch nur sehr schwer leugnen kann (lacht). Es sind großartige Musiker! Alleine sich dieses Spektakel aus diesem Grund schon gelohnt, aber wir haben auf diese Weise natürlich auch viele Fans gewonnen, sprich Leute abgegriffen, die auf unsere Musik Bock haben. Vor so vielen Leuten zu spielen waren wir nicht gewohnt – zumal es auch eine sehr große Produktion war. Die haben schier alles mitgebracht, die komplette Bühne wurde vor Ort gebaut und hochgezogen, es war toll, das mal aus nächster Nähe mitzuerleben. Wir dachten uns nur: ‚Jetzt sind wir da, wir dürfen die Fans jetzt einheizen.‘ – und hatten auch wirklich ziemlich Bock darauf.
Ihr dürft auch Harpyie als Support bei den drei Release-Konzerten für das neue Album unterstützen…
Diese Termine liegen uns sehr am Herzen, zumal der eine Termin im Kulturwerk im Herford ist, das hieß früher ja ‚X‘ (Anmerkung Hardline: davor war es das ‚Kick‘), was ja aus früheren Zeiten meine Haus- und Hofdisco ist, wo ich heute noch gerne hingehe. Das wird megawild!!! Ich hab‘ dermaßen Lust, da zu spielen. Der Club ist nicht zu riesig, trotzdem gehen da eine Menge Leute rein. Wenn wir den mal alleine vollkriegen, dann haben wir sowas von gewonnen… (schwärmt) Harpyie kommen etwa aus der gleichen Ecke wie wir – und dieses Event sollte man, wenn man hier aus der Gegend kommt, sich nicht entgehen lassen. Über die Anfrage, diese Konzerte zu supporten, haben wir uns jedenfalls sehr gefreut.
Gibt es sonst noch Veranstaltungen, die ihr geplant habt?
Hexentanz haben wir hinter uns, Sternenklang ist auch gerade vorbei, wir sind auch noch in Bremerhaven auf dem Phantasie- und Mittelalter Festival, wir sind in Plau am See bei den Ritterspielen, bei der Nacht der Spielleute in Herne, in Völklingen, Osnabrück, Würzburg und Aurich – bevor dann die eben angesprochenen Termine in Lübeck, Herford und Leipzig mit Harpyie stattfinden. Die Konzerte auf den Märkten sind großartig – es ist inzwischen eine gewisse Sicherheit da – und wenn man dort halt einen guten Eindruck gemacht hat, dann kann man davon ausgehen, dass für das nächste Jahr eine gute Chance auf eine Wiederholung besteht… Für nächstes Jahr hat uns Kupfergold ja zu ‚Neujahr in Köln‘ eingeladen, weitere Termine sind bereits in Vorbereitung. Aber ich lasse mich auch gerne von NoCut überraschen, was die dann so für uns an Land ziehen.
Wie steht es um eure eigene Planung, was ein Folgealbum zu „Nimmmerland“ betrifft? Immerhin wird dieses Album ja bald schon ein Jahr alt…
Wir sind bereits schon fleißig am Songs schreiben, weil nach dem Album ist schließlich vor dem Album (lacht). Wir versuchen, einen Teil der neuen Songs Ende dieses Jahres bereits im Studio einspielen, sonst geht es spätestens Anfang nächsten Jahres ins Studio. Unsere Planung ist, dass wir das Album spätestens im Laufe des nächsten Jahres veröffentlichen können – tendenziell wieder Richtung Oktober, wie der Vorgänger „Nimmerland“ halt auch. Das ist dann entspannt, da es im Herbst wieder ruhiger werden wird – somit haben wir die Chance, eine kleine Release-Tour oder zumindest ein paar kleine Konzerte zu spielen.
Eine Frage drängt sich in der aktuellen Angebot-Situation nahezu auf: Habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, zusätzlich auf Vinyl zu veröffentlichen?
Das werden wir in der tat öfter gefragt. Allerdings momentan noch nicht oft genug, um sagen zu können, dass wir das auf jeden Fall machen werden. Wir werden auf jeden Fall an dem Thema dranbleiben, momentan sieht es allerdings so aus, dass wir die entsprechenden Verkaufszahlen nicht erreichen werden, um eine derartige Produktion zu rechtfertigen.
Text: Tristan Höpfner / Matthias Kühlmann | Bilder: Promotion/Mythemia by Lim Lamers