Interviews

Joanne Shaw Taylor im großen Interview: Ich bin älter und ruhiger geworden …

Joanne Shaw Taylor, 1986 im englischen Wednesbury, West Midlands geboren, ist eine der angesagtesten Bluesrock-Musikerin der Welt, hat bis Ende Mai insgesamt zehn Alben veröffentlicht und steht mit dem neuen Studio-Werk „Heavy Soul“ ab Anfang Juni 2024 ein weiteres Mal an der Startlinie. Ein mehr als guter Grund fürs Hardline Magazin, uns einmal mit Joanne auszutauschen …

Joanne, ganz lieben Dank, dass du dir kurz Zeit für unsere Leser nimmst und Glückwunsch zu einem wiederholt erstklassigen Album. Bevor wir zu diesem kommen, kurz zu deiner Person: du bist 1986 geboren, ein Kind der neunziger und zweitausender Jahre, welche Bands hast dir gehört, als du Teenie warst und wer hat dich am Ende in Richtung Bluesrock gebracht?

Als ich noch jung war, war es musikalisch tatsächlich noch ein Mix aus allem. Auf der einen Seite waren da Bands wie Oasis oder Blur, auf der anderen Seite hörte ich die Spice Girls und die Backstreet Boys. Dazu bin ich in einem sehr musikalisch interessierten Elternhaus aufgewachsen, mein Vater war ein riesiger Blues Fan, meine Mutter hörte für ihr Leben gerne Motown.

Pic by Stacie Huckeba

Ab wann war für dich klar, dass du Sängerin werden wolltest und wie oft trainierst du heutzutage deine Stimme, die einen sehr hohen Wiedererkennungswert hat?

Ich arbeite tatsächlich hart daran, dass meine Stimme so erhalten bleibt, wie sie gerade ist. Auch wenn es sich ein wenig komisch anhört, aber ich bin keine zwanzig Jahre mehr, also muss man das, was man hat, trainieren, um es in Form zu halten. Ich habe dafür seit einigen Jahren einen fantastischen Vocal-Coach an meiner Seite. Wie bin ich zum Gesang gekommen? Zuerst habe ich nur Gitarre gespielt, aber da ich mich, wie auch mein Vater, sehr für Bluesmusik interessiert habe und diverse Musiker aus diesem gerne wie zum Beispiel B B King oder Stevie Ray Vaughan sowohl Gitarre spielen als auch singen, habe ich dann auch damit angefangen und bis zum heutigen Tag nicht mehr damit aufgehört (lacht).

Das neue Album „Heavy Soul“ ist dein mittlerweile elftes Album seit 2009, welches das Licht der Welt erblickt. Darf man dich als Workaholic bezeichnen? Woher nimmst du die Ideen für immer neue Melodie-Bögen und Texte? Hast du Menschen, welche dir dabei helfen?

Musik zu kreieren ist absolut meine Leidenschaft, ich drücke mich gerne über die Musik aus. Ich bin dankbar für diese Gabe, dieses machen zu können, zu komponieren und texten streng mich nicht an, es fällt mir oft leicht, die Songs zu kreieren, deswegen ist auch die Anzahl der Platten zu erklären. Und wenn ich zum Beispiel bei einem Song wie „Change Of Heart“ vom neuen Album zwar die Texte habe, aber vergeblich an einer Melodie suche, dann springt mir Beth Nielsen Chapman zur Seite, die es perfekt versteht, diese Melodien so zu kreieren, wie ich es liebe. Dieses hätte mich vor Jahren noch wahnsinnig gemacht, aber wir alle werden älter und ruhiger (lacht). Und noch einmal auf die Anzahl der Alben zurückzukommen, man darf bei allem nicht vergessen, dass es tatsächlich mein Job ist, Musik zu kreieren. Und wenn man das aktuelle Album nimmt, dann ist es gerade einmal ein Song pro Monat, nicht mehr, nicht weniger!

Das ist schon richtig, aber ich bin ein Kind der achtziger Jahre, da haben Bands wie UB40, Simple Minds oder Duran Duran nur alle zweieinhalb oder drei Jahre ein Album herausgebracht und nicht wie du elf Alben in fünfzehn Jahren …

„Die heutige Generation von Musikern verdient ihr Geld ausschließlich mit Touren“

Hier hast du mir ein perfektes Beispiel geliefert, denn gerade Duran Duran hatten in den achtziger Jahren massiv viele Hits gehabt und gingen damit auf Tour. Leider hat sich das Business komplett geändert und die Generation von heute, bis auf ganz wenige Ausnahmen, verdienen ihr Geld ausschließlich mit dem Touren. Und gerade in meinem Genre ist es sinnvoll, mit der Tour dann auch das Album zu promoten.

Auch wieder wahr. Du veröffentlichst deine Alben bei KTBA Records, dem Label von Blues-Kollege Joe Bonamassa. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen und was macht Joe, der ja ebenfalls pro Jahr ein Album veröffentlicht, so besonders?

„Joe hat das gewisse Etwas“

Wir beide sind seit langer Zeit befreundet, und so kam es irgendwann, dass wir zusammengearbeitet haben. Dieses ist allerdings ab und an schwierig, weil wir beide, wie du es so schön ausgedrückt hast, Workaholics und unsere Terminkalender entsprechen gefüllt sind. Aber wir haben es hinbekommen, gerade beim Cover-Album „The Blues Album“ in dieser speziellen Pandemie-Zeit war Joe ein wirklich grandioser Ansprechpartner und eine große Unterstützung. Er kommt aus dem gleichen Genre und hat dieses gewisse Gespür für Melodie und Texte …

Dein neues Album enthält zehn neue Songs, wie viele hast du denn insgesamt aufgenommen und was passiert mit denen, die es nicht aufs Album geschafft haben? Oft sind es ja gute Songs, wo nur der Zeitpunkt nicht passt …

Du hast mit dieser Aussage komplett recht, ein gutes Beispiel ist der Song „Black Magic“ vom neuen Album, der zur „Nobody‘s Fool“-Zeiten entstand, aber sich irgendwie zu dem Zeitpunkt nicht perfekt anfühlte, dafür passt er jetzt umso besser. Insgesamt waren es glaube ich fünf Songs, die es nicht auf den neuen Longplayer schafften.

Meist ist ein Album schon Wochen vor dem Release-Datum fertig, haben sich während dieser Zeit schon persönliche Favoriten entwickelt? Meine sind „Sweet ‚Lil Lies“, „Drowning In A Sea Of Love” und “Devil In Me” ….

„Es sind alles meine Kinder“

Ich liebe aktuell die eingängigen Songs wie „Sweet ‚Lil Lies“, dann “Wild Love“, welches gerade live extrem gut abgeht, weil es viele funky grooves besitzt, und noch „Black Magic“. Aber am Ende sind es alle meine Kinder, von daher ists schwierig, da Lieder herauszunehmen.

Pic by Stacie Huckeba

Wie erwähnt hast du bislang zehn Alben veröffentlicht, seit „The Sirty Truth“ bist du in den internationalen Album-Charts vertreten. Wie wichtig sind dir diese Charts, verfolgst du, wie dein neues Baby angenommen wird oder ist das für dich eher sekundär?

Gute Chartplatzierungen sind definitiv gute Promotion, sie sind gut für die Social Medias und am Ende sind sie für einen selbst im Business sehr hilfreich. Man kommt schon besser an Gigs ran, wenn man in den Charts gut gelistet ist und dann irgendwann einen Namen hat. Zudem ist die Aufmerksamkeit der Fans größer und es kommen mehr Anhänger zu den Konzerten

Apropos Konzert: Du bist seit Jahren, nur unterbrochen durch die weltweite Pandemie zwischen 2020 und 2022, Live on Tour. Bei insgesamt bald elf Alben, wie schwer fällt die Festlegung der Setlist? Legst nur du diese fest und wie lange dauert dieser Prozess? Ich konnte sehen, dass du bei deinen aktuellen Auftritten in den USA bereits drei neue Songs, „Wild Love“, „Black Magic“ und „Sweet ‚Lil Lies“ mit im Programm hast ….

Es ist immer eine Challenge, aber ist bringt auch jedes Mal Spaß, diese Setlist zusammenzustellen. Am Ende müssen die Songs zueinander passen, ab und an muss man auch mal einen Song herauslassen, gerade wenn man diesen zehn Jahre oder länger im Programm hatte.

Ich war heute auf deiner Homepage, konnte bis auf zwei Ausnahmen nur Termine in den USA erkennen. Sind zu einem späteren Zeitpunkt auch Auftritte in Europa, in Deutschland geplant?

Für dieses Jahr sind nur einige Festival-Auftritte geplant, aber ich hoffe, dass wir Anfang nächsten Jahres mit einer Tour nach Europa und dann definitiv auch nach Deutschland kommen werden.

Joanne, das war es in aller Kürze, ganz lieben Danke, dass du dir Zeit genommen hast, viel Erfolg mit dem neuen Album, vor allem aber: bleib gesund!

Text: Alexander Stock

Pic-Credit by Stacie Huckeba

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