Anneke van Giersbergen LIVE am 04. Mai 2022 im Hole 44 in Berlin
Anneke van Giersbergen
Hole 44, Berlin
04. Mai 2022
Wenn man Annekes Karriere betrachtet, kann man in kommerzieller Hinsicht zwar von Höhen und Tiefen sprechen, in musikalischer Hinsicht aber keinesfalls. Leider sind viele Fans den Weg der folgenden The Gathering-Alben, die nach den extrem erfolgreichen Meisterwerken „Mandylion“ und „Nighttime Birds“ kamen, nicht mehr mitgegangen. Für mich waren auch alle nachfolgenden Alben kleine Meisterwerke, man musste aber schon ein bisschen offener für andere Stile und Klänge sein, um das zu verpacken. Nach einigen weiteren semi-erfolgreichen Alben mit The Gathering trennten sich dann die Wege von Anneke und ihrer Band. Seitdem ist sie auf Solopfaden unterwegs.
Auch hier beweist sie eine unglaubliche Vielseitigkeit und jedes ihrer Alben zieht einem durch ihre einzigartige Stimme, sowie ihre kompositorischen Fähigkeiten in den Bann. Die Hauptfrage war natürlich: Wie bekommt man diese Karriere und unfassbare Bandbreite in eine Liveshow gepackt. Eigentlich benötigt man für so eine Show alles, von einer kompletten Band bis hin zum Sinfonie Orchester, um auch nur halbwegs authentisch das Repertoire repräsentieren zu können.
Anneke versucht es einfach pur – nur mit einer Gitarre und ihrer größten „Waffe“, dem Gesang. Dazu packt sie noch ein paar kleine Möbel aus ihrem Wohnzimmer ein und fertig ist ihre „Darkest Sky Acoustic Tour“. Nun sitze ich im gut gefüllten Hole 44 in Berlin und frage mich die ganze Zeit welche Songs sie aus ihrem gut gefüllten Hut mit großartigen Songs zaubern wird. Vor allem aber, wie soll das mit einer Gitarre funktionieren. Nach den ersten eigenen Songs waren die Zweifel verflogen. Als ob sie selbst nicht genug eigene Songs hat widmet sie sich im Laufe des Sets auch anderen Künstlern, die sie selbst beeinflusst haben. Sie macht es nicht, wie diverse andere, um einen Hit zu landen, sondert zollt ihnen Tribut. Wer mit Kate Bush, Chris Cornell, Pink Floyd nicht vertraut ist könnte denken es wären eigene Songs, so gut betten sie sich in die Setlist. The Gathering wird mit „Saturnine“ natürlich auch bedacht und auch die Kollaboration mit Devin Townshend wird nicht vergessen.
Natürlich bekommt das wunderschöne neue Album genügend Platz im Set und mit „I Saw A Car“ hat sie sogar einen radiotauglichen Hit gelandet (eigentlich sollte sowieso viel mehr Anneke im Äther laufen). Wie schon öfter von anderen Künstlern gehört ist dieser Songs aus einer Spaß Idee entstanden und dies erzählt sie voller Stolz der lauschenden Audienz. Überhaupt ist die Konversation mit dem Publikum und den kleinen Geschichten zu jedem Song ein nicht zu unterschätzender Faktor. Sie nimmt uns mit auf die Reise ihres Lebens. Dies mit einer Herzlichkeit, die sich jenseits von Starattitüden befindet. Man glaubt am Ende echt man war bei einer Freundin zu Besuch. Nicht umsonst hat sie, wie oben erwähnt, Ihr Wohnzimmer eingepackt. Mit einer Träne im Knopfloch gehe ich emotional berührt und dennoch gut gelaunt Nachhause. Möge sie schnell wieder in unseren Breitengraden auftauchen!
Text & Pics by Ronald Matthes