unser Interview mit Andy B. Franck von Brainstorm: „Hölzern war der Neu-Start ….“
Sie gründeten sich Ende der achtziger Jahre, stammen aus dem Süden der Bundesrepublik (circa 75 km östlich von Stuttgart) und veröffentlichten bislang 13 Studio-Longplayer, den jüngsten im Sommer 2021 („Wall Of Skulls“, Platz 12 in den deutschen Album-Charts): BRAINSTORM. Nachdem wir uns mit dem Mann am Mikro – Andy B. Franck – schon im Sommer zum aktuellen Album austauschen konnten, (Interview in Ausgabe 51) nutzten wir im November spontan die Möglichkeit nach dem Gig beim Metal-Hammer-Paradise-Festival am Weissenhäuser Strand, uns ein weiteres Mal mit ihm zu treffen und zu schnacken …
Hardline: Hallo Andy, Moin wie wir hier im Norden sagen! Zuerst einmal Danke, dass du dir nach dem Gig hier am Weissenhäuser Strand noch kurz Zeit fürs Hardline nimmst. Bevor wir zu diesem Live Ereignis kommen, kurz zum letzten Album „Wall of Skulls“, welches sensationell auf Platz 12 der deutschen Albumcharts eingestiegen ist, dem besten Ergebnis seit Bandgründung im Jahr 1989 und dem ersten Album 1997 … flogen die Sektkorken?
Andy B. Franck: Naja, so ein wenig schon, nicht volle Pulle, weil wir nicht beieinander waren, sondern verstreut. Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt in Griechenland im Urlaub, der Rest der Truppe wie gesagt auch nicht zusammen. Was aber erwähnt werden muss und uns darüber hinaus gefreut hat war, dass das Album tatsächlich europaweit gechartet ist und – Trommelwirbel – darüber hinaus in Nordamerika.
HL: Nordamerika? Respekt! Hast du eine Erklärung dafür?
Andy B. Franck: Überhaupt keine, aber wir nehmen es gerne mit (lacht). Es scheint so, als wenn man in der heutigen Zeit nicht mehr unbedingt ständig in dem einen oder anderen Land physisch anwesend sein muss, Medien wie YouTube oder anderen Plattformen helfen da doch sehr. Wir verkaufen zum Beispiel extrem viel Merch in diese Regionen seitdem wir vor circa zwei Jahren mit unserem Shop online gegangen sind.
„Den Erfolg in Amerika können wir uns nicht so ganz erklären, nehmen wir aber gerne mit …„
HL: Es ist dann doch nicht alles schlecht, was die modernen Medien möglich machen …
Andy B. Franck: Absolut nicht, früher musstest du die ganzen Städte, Länder live bespielen, um Alben etc. verkaufen zu können. Mittlerweile reist man als Band in viele Regionen dieser Welt und die Fans singen Songs vom neuen bzw. aktuellen Album bereits textsicher mit, früher undenkbar!
HL: Apropos, wenn man als Künstler auf der Bühne steht, wie intensiv ist das Gefühl, wenn die Fans die Songs lauthals mitgrölen und abfeiern? Platzt man da nicht vor Stolz?
Andy B. Franck: Die sind zum Teil textsicherer als ich selbst (lacht). Es macht einen mega stolz, ganz klar. Als wir anfingen, fanden wir es toll, wenn auch die Menschen aus dem Nachbarort unsere Gigs besuchten. Dann hat es sich über die Jahre hinweg entwickelt, sodass du dann in komplett Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern auftrittst. Dieses wurde dann wieder getoppt, als wir das erste Mal über den großen Teich flogen und in den USA gespielt haben und die Fans dort die Texte ebenfalls konnten. All dieses fehlt aktuell doch sehr …
HL: Nach dem ebenfalls erfolgreichen Vorgänger „Midnight Ghost“ mit meinem Favoriten „Jeanne Boulet (1764)“ ist „Wall Of Skulls“ der zweite Longplayer mit Seeb Lebermann als Produzenten. Seit seinem Einstieg wirken eure Songs gerade in den Refrains noch hymnischer, voller, intensiver. Gerade Songs wie „Where Ravens Fly“, „Glory Disappears“ oder „Cold Embrace” drücken kraftvoll aus den Boxen, was macht Seeb anders als seine Vorgänger?
Andy B. Franck: Wir hatten auch bei den früheren Alben gute Produzenten am Start, das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen. Der große Unterschied zu Seeb ist, dass er die Songs im Voraus kennen möchte, Demos im Vorhinein geschickt bekommt. Wir gehen dann ins Studio und fangen nicht bei Null an, wissen also nach kurzer Rücksprache bereits, an welchen Songs wir noch arbeiten müssen und welche schon nahezu fertig sind. Seeb ist bei unserer gemeinsamen Arbeit auch nicht einer von außen, er ist im Prinzip unser sechstes Bandmitglied, mit einem sehr feinen Gespür für unsere Songs, für unseren Sound. Es ist gerade bei den letzten beiden Alben der typische Brainstorm-Style, aber im aktuellen Soundgewand.
HL: Hatte Corona großen Einfluss auf die Arbeiten am neuen Album?
Andy B. Franck: Mit den Aufnahmen waren wir bereits im Oktober 2020 fertig, eigentlich wollten wir das Album weit vorher aufnehmen, da hat uns Corona allerdings einen großen Strich durch die Rechnung gemacht. Da wir die Songs bei Seeb im Sauerland aufnehmen, aber aus bekannten Gründen nicht dorthin kamen, haben wir diese Zeit genutzt, um die Songs tatsächlich noch einmal zu optimieren. Auch wenn ich es nicht ganz so gerne sage, hat uns die Corona-Pandemie da ungewollt gelehrt, andere Wege zum Ziel zu gehen. Wir haben durch diese aufgezwungene freie Zeit einige Dinge anders gemacht, auf die wir ohne diese Pandemie wohl erst viel später gestoßen wären.
„Corona hat uns neue Wege aufgezeigt“
HL: Kommen wir zum heutigen Auftritt, welcher bei vielen das Gefühl „endlich wieder Live-Musik“ hochkommen ließ, wie war es für euch, endlich wieder auf einem normal stattfindenden Festival zu performen? Warst du eventuell sogar ein wenig angespannt, aufgeregt?
Andy B. Franck: Es war hölzern, definitiv hölzern. Die letzten Tour-Gigs haben wir im November 2019 gespielt, über 1 ½ Jahre später haben wir die Streaming-Show gespielt und im Sommer konnten wir einen Auftritt in der Tschechei absolvieren, das war es. Und genau deswegen ist hölzern die beste Beschreibung. Aber bei jedem von uns, und damit meine ich mich, die Bandkollegen, aber auch die Crew. Wenn man dann auf die Bühne stürmt, fühlt es sich im ersten Moment noch ein wenig fremd an, man hat nach dieser langen Zeit der Abstinenz noch nicht dieses Gefühl, wo muss ich bei welchem Teil des Songs stehen. Diese Unsicherheit verschwindet aber dann irgendwann, wenn der Ball erst einmal am Rollen ist.
HL: Wie hast du persönlich die letzten knapp 20 Monate erlebt, Live-Gigs waren auf einmal nicht mehr möglich, deine Familie hatte dich ungewöhnlich lange an den Hacken …
Andy B. Franck: Ich bin ganz ehrlich zu dir, an das Jahr 2020 habe ich tatsächlich kaum Erinnerungen, irgendwie war es wie Licht an, Licht aus, aber so Dinge, die hängengeblieben sind, … da gibt es eher wenige. Klar haben wir das Album aufgenommen, man war im Baumarkt, aber die intensiven Dinge wie Video-Dreh etc. haben wir erst in 2021 gemacht und an diese erinnere ich mich auch wieder.
„an das Jahr 2020 habe ich tatsächlich kaum Erinnerungen“
HL: Ging mir ähnlich, man funktionierte. Nach dem Album ist vor dem Album, gibt es schon Überlegungen fürs Nachfolge-Album? Ich war auf eurer Homepage, so ganz viele Live-Termine kann ich dort nicht erkennen, deswegen die Frage.
Andy B. Franck: Ich persönlich brauche schon eine gewisse Art von Normalität, um kreativ zu sein, die Maschinerie muss laufen, aber normal laufen. Wir sind dabei, Songs zu schreiben, um einfach auch aktiv dabei zu bleiben, denn die Tour, die im Frühjahr hätte stattfinden sollen, ist jetzt auf Herbst 22 verschoben.
HL: Dann freuen wir uns auf einen hoffentlich rasch erscheinenden Nachfolger von „Wall Of Skulls“ und hoffen, dass dann zumindest im Herbst die Tour stattfinden kann. Danke, dass du dir so kurz nach dem Gig noch einmal Zeit für uns genommen hast, kommt heil nach Hause und bleibt gesund!
Andy B. Franck: Immer wieder gerne, Gruß an alle Leser und passt auf euch auf!
Text: Alexander Stock