SEVENDUST – Interview: „ALLES GESCHIEHT AUS EINEM BESTIMMTEN GRUND“
„ALLES GESCHIEHT AUS EINEM BESTIMMTEN GRUND“
Text: Alexander Stock
Atlanta ist die Hauptstadt sowie die größte Stadt des US-Bundesstaates Georgia. Der bekannteste Sohn der Stadt war Friedensnobelpreisträger Martin Luther King. 1996 fanden in Atlanta die 26. Olympischen Sommerspiele statt, die Stadt bietet Heimat für zirka 500.000 Menschen, unter anderem für die Gründungsmitglieder der Rock-Metal-Formation Sevendust. Im Jahre 1994 unter dem Namen Rumblefish gegründet, da aber bereits eine andere Band den Namen Crawlspace trug, musste die Gruppe kurz darauf ihren Namen in Sevendust abändern. Bislang veröffentlichte das Quintett zwölf Alben, nun steht die „Glückszahl“ 13 mit dem Namen „“Blood & Stone“ in den Stores des Vertrauens in den Regalen, für uns ein guter Grund, dem Gitarristen John Connolly einige Fragen zu stellen …
HL: Hallo John, Moin Moin, wie wir hier in Norddeutschland sagen. Zuerst einmal mein Kompliment zu eurem neuen Album, großartige Rocksongs mit teils hymnenhaften Refrains. Kommen wir zum Albumtitel: Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, als ich den Albumnamen „Blood & Stone“ hörte, war die aktuelle politische Situation in eurem Heimatland, den Vereinigten Staaten von Amerika, mit Donald Trump an vorderster Front. Blut für das Blutvergießen (George Floyd, Jacob Blake), Stein für das herzlose Verhalten der Polizei und am erweitert für Donald Trumps Art. Das war meine Gedanken, aber was bedeutet der Albumtitel wirklich?
John Connolly: Hallo Alex, schön dass dir das Album gefällt. Tatsächlich eine interessante Perspektive, die aber komplett nicht zutrifft. Wir haben offensichtlich beobachtet, wie sich diese Tragödien entfalteten, und wir sind tief betrübt, aber wir werden definitiv nicht zu politisch mit unserer Art der Darstellung. Es ist völlig OK, wenn Bands sich mit solchen Themen – auch im textlichen Bereich -auseinandersetzen, wir bevorzugen andere Themen. Der Albumtitel bedeutet im Prinzip Familie und Hartnäckigkeit. “Blood“ symbolisiert uns als Band, seit 30 Jahren zusammen wie Blutsbrüder und „Hartnäckigkeit“ wie unser Handeln.
HL: Hätten wir diesen Punkt geklärt! Ihr bringt alle 30 Monate – pünktlich wie die Maurer – ein neues Album heraus. Wie entsteht ein Lied, wie zum Beispiel mein Lieblingssong „Feel Like Going On“ auf dem neuen Album („Criminal“ ist mein anderer Favorit)? Erst der Text, dann die Musik … oder umgekehrt?
John Connolly: „Feel Like Going On“ war ein bisschen ein Vertrauensvorschuss. Es wurde auf dem Klavier geschrieben, was für uns definitiv Neuland war, ein Experiment für uns. Wir gingen am Anfang bewusst mal mit dem Klavier zu Werke, auch um zu sehen, wie weit wir an unsere eigenen Grenzen gehen können. Normalerweise würden wir mit Schlagzeug oder Gitarre beginnen, also war Klavier wie beschrieben Neuland in dieser Frühphase eines Songs. Textlich taucht das Album in die aktuelle Sucht nach sozialen Medien und den Schmerz ein, den diese aufgrund von Fehlinterpretationen verursachen kann. Fehlinterpretationen, die auftreten, wenn Menschen diese Medien als primäres Kommunikationsmittel nutzen, denn ohne Mimik und Betonung kann die eigentliche Aussage oft im Text verloren gehen. Viele Menschen verstecken sich von Zeit zu Zeit in der Anonymität des Netzes, aber einige gehen definitiv zu weit, weiter, als sie gehen sollten.
HL: Absolut! Ihr habt insgesamt dreizehn Lieder auf dem neuen Album, eventuell, weil es euer Album Nummer 13 ist?
John Connolly: Totaler Zufall, aber ich glaube fest daran, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht, wir haben das mit der Anzahl der Songs aber ehrlich gesagt erst bemerkt, nachdem wir das Album fertiggestellt hatten.
HL: Warum ein Coversong von „The Day I Tried To Live“, einem Klassiker von Soundgarden? Sicher, weil es ein gutes Lied ist, aber wessen Idee war es und was genau sprach für dieses Lied?
John Connolly: Unser Manager Tim und Elvis hatten diesen Song ursprünglich mit Morgan und Clint besprochen, es war aber ein Titel, bei dem wir uns alle irgendwie – im positiven Sinn – einig waren. Wir warfen mit ziemlich vielen verschiedenen Ideen um uns, aber dieser Song fand einfach bei uns allen Anklang. Nach dem Tod von Chris waren wir alle sehr bewegt, dieser Song war immer faszinierend, denn er sprach davon, der ewige Introvertierte zu sein. Der Song handelte buchstäblich davon, dass er versucht, endlich zu leben….
HL: Wie lange dauerte denn die gesamte Arbeit, vom ersten Pinselstrich bis zur endgültigen Produktion?
John Connolly: Wir begannen mit den Demos im Januar, machten die ersten Gruppensitzungen im März und Elvis mischte um Thanksgiving herum, also insgesamt so um die 10 Monate.
HL: Eure ersten drei Alben haben in den USA jeweils „Gold“ Status erreicht, haben ihr als zumindest ein halbes Auge auf die Charts, wo (auf welchem Platz) das neue Album „Blood & Stone“ platziert ist?
John Connolly: Natürlich. Es ist ganz natürlich, dass wir als Künstler wollen, dass die Fans Freude an dem haben, was wir erschaffen, aber ich persönlich lege nicht mehr so viel Wert darauf wie früher. Vor Jahren hat es vielleicht den Unterschied gemacht, überhaupt eine andere Platte zu machen. Heutzutage ist es immer noch ein gutes Gefühl zu wissen, dass das, was wir erschaffen, auch nach 25 Jahren noch für viele Menschen relevant ist und dass wir immer noch Musik kreieren dürfen, die nicht nur uns, sondern auch viele andere begeistert.
HL: Seit Monaten gibt es in der ganzen Welt ein beherrschendes Thema: Corona / Covid19. Vor allem Amerika wurde besonders hart getroffen, weit über 270.000 Menschen erlagen dem Virus. Wie sind Sie mit dieser Zeit zurechtgekommen, hat diese Phase möglicherweise auch die Arbeit an diesem neuen Werk erschwert?
John Connolly: Bei der Produktion des Albums hatte wir Glück, wir waren vor all dem Mist komplett fertig, anders sah es bei den Themen Album-Release und Video-Dreh aus, hier hatte die Pandemie sehr wohl große Auswirkungen. Wie will man Videos mit Lockdowns und Reisebeschränkungen drehen? Wir leben in vier verschiedenen Staaten, die während dieser Phase sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Wie kann man eine Platte trotz nicht vorhandener Tourneepläne veröffentlichen? Viele neue Fragen, die zu beantworten waren. Normalerweise würden wir rund um das Release Datum Live-Shows spielen, nun wird es einen Live-Stream am Tag der Veröffentlichung geben, das war es dann auch erst einmal. Uns bleibt nichts anderes als abwarten, ob und wann sich etwas ändert.
HL: Letzte Frage: Sie sind nun seit 24 Jahren aktiv, sind in sehr vielen Ländern live aufgetreten. An welchen Ort, welche Bühne, welches Festival erinnern Sie sich besonders gut und warum?
John Connolly: Schwer zu beantworten, es waren so viele erstaunliche Erlebnisse….Woodstock war schon ziemlich verrückt, dann die großen europäischen Festivals wie Download, Rock Am Ring und Rock Im Park. Aber die am meisten blieb uns wohl das Soundwave Festival in Australien in Erinnerung, vielleicht auch wegen der Länge der Anreise. Es lag immer so diese spezielle Elektrizität in der Luft, wenn wir auf diesem Festival spielten…
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