Im Mainstream angekommen ….
Im Moment könnte es nicht besser laufen für Beyond the Black. Ihr letztes Album „Heart of the Hurricane” hat durchweg gute Kritiken bekommen und landete in Deutschland in den Top Ten. Die Band wird auch gut gebucht und ist auf den größten Festivals unterwegs und zuletzt hat Frontfrau Jennifer Haben es sogar in die VOX-Sendung ‚Sing meinen Song‘ geschafft. Man könnte sagen, dass die Band im Mainstream angekommen ist. Nun wurde ihr letztes Album noch einmal als Special Edition wiederveröffentlicht und eine große Headliner-Tour steht auch kurz bevor. Grund genug, die gute Jenny mal ans Telefon zu holen.
Hardline: Hi Jenny, schön dass es funktioniert hat mit einem Interview.
Jennifer Haben: Danke dass ihr euch Zeit genommen habt. Ich habe zwar viel zu tun, freue mich aber über diese kleine Abwechslung.
HL: Das letzte Jahr war ja sehr ereignisreich. Wie hast du das erlebt?
JH: Ich muss sagen, dass es seit der Gründung von Beyond The Black jedes Jahr immer irgendwelche Überraschungen für mich gibt. Dass das bisher nicht aufhört, ist schon echt bemerkenswert. Ich glaube, ich kann das erst in zehn Jahren richtig wahrnehmen.
HL: Obwohl man ja auch sagen muss, dass es bei euch schon extrem schnell alles gegangen ist. Ihr seid vor fünf Jahren auf der Bildfläche aufgetaucht, dann hattet ihr schon einen Auftritt in Wacken, bevor das erste Album überhaupt veröffentlicht wurde. Dann kam euer Debüt heraus, landete sofort in den Charts und wurde als bestes Debüt mit dem Metal Hammer Award ausgezeichnet. Dann folgten Tourneen zusammen mit den Scorpions oder Within Temptation.
JH: Das auf jeden Fall. Also, wenn man jetzt nur die Band betrachtet, ist das natürlich ein Traumszenario, was wir bisher hatten. Mal abgesehen von der Phase, wo es den kompletten Austausch meiner Mitmusiker gab. Das war natürlich krass und hat mich runtergezogen. Aber ansonsten war es schon eine Mega-Erfahrung. Wenn man jetzt allerdings den Gesamtkontext mit mir nimmt, kann man das ein wenig relativieren. Denn immerhin stehe ich ja schon seit knapp zwanzig Jahren auf der Bühne. Ich vermute auch einfach mal, dass sich dies positiv auf Beyond The Black ausgewirkt hat, da ich im Vorfeld ja schon unheimlich viel gemacht habe.
HL: Dann kam dann in diesem Jahr der nächste Karriere-Schub mit der VOX-Sendung ‚Sing Meinen Song‘. Wie kam es dazu? War das Pro-Aktiv von deiner Seite, beziehungsweise seitens eures Managements oder kam das von Michael Patrick Kelly, der ja Gastgeber der Sendung war?
JH: Das kam von der Produktionsfirma VOX. Die versuchen ja jedes Jahr explizit verschiedene Stilrichtungen in die Sendung zu bringen und dieses Jahr wollten sie einen Metalact haben. Also haben die sich bei uns in der Szene umgeschaut. Mir wurde gesagt, ob das stimmt weiß ich natürlich nicht, dass der Produzent damals 2015 bei Universal ein paar Sekunden von unserem Video von „In The Shadows“ gesehen hatte und davon so beeindruckt gewesen sein soll, dass er sich in diesem Jahr noch daran erinnert hat. Wie gesagt, kann natürlich auch gelogen sein. So wurde es mir erzählt. Auf jeden Fall ist die Initiative vom besagten Produzenten ausgegangen. Er hat bei der Recherche wohl in den Redaktionssitzungen gefragt, was aus mir und Beyond The Black geworden ist. Dann haben sie mich kontaktiert und gefragt, ob ich Lust hätte.
HL: Normalerweise schaue ich diese Sendung nicht. Ich bin aber ehrlich, dass es mich diesmal interessiert hat, und zwar vor allem aus dem Grund, was du aus den anderen Stücken machst. Und vor allem die Songs von Wincent Weiss und Johannes Oerding haben mich positiv überrascht.
JH: Mir war es wichtig, verschiedene Seiten von mir zu zeigen. Ich habe ja nicht nur Metal gemacht oder jeden Song nach vorne gepeitscht. Das hat wahrscheinlich jeder von mir erwartet. Aber ich wollte auch ein paar andere Seiten von mir zeigen. Ich denke, dass ich das auch ganz gut geschafft habe. Es war schon eine große Herausforderung für mich. Ich bin aber im Endeffekt froh über das, was am Ende rausgekommen ist.
HL: Und wie war das für dich, als du mit deiner Sendung an der Reihe warst? Ich meine, da stehen etablierte Musiker, die jahrelang Musik machen und interpretieren deine Songs.
JH: Das war einfach irre. Ich habe ja vorher bei den anderen Shows ganz viel Zeit gehabt, das anzuschauen. Ich war ja die zweitletzte Sendung. Da war das schon interessant, da ich die Versionen der anderen Musiker ja auch vorher nicht kannte und dann die Emotionen bei den Kollegen sah, deren Songs gerade interpretiert wurden. Da dachte ich schon, dass es sich komisch anfühlen muss. Und dann kam der Zeitpunkt und es war viel krasser, als ich mir vorgestellt habe. Als Jeanette Biedermann mit „In The Shadows“ um die Ecke kam und den Refrain komplett abgeändert hatte… das war schon richtig geil. So krass hätte ich mir das tatsächlich nicht vorgestellt.
HL: Nun ist das in der Metal-Szene ja verpönt, wenn man in einer Mainstream-Sendung auftritt. Wie wurde das bei dir aufgenommen?
JH: Ja, hier und da kamen natürlich fiese Kommentare und Anmerkungen. Vor allem bei einigen Online- und Printmagazinen wurde das ausdiskutiert. Bei unseren Fans war eigentlich alles gut aufgenommen worden. Allerdings kann ich diese Diskussionen mit dem Thema ‚Mainstream ist der Satan‘ null nachvollziehen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich jedem Genre gegenüber aufgeschlossen bin. Dafür ist Musik einfach zu vielfältig. Ich finde es verdammt schwierig, wenn Fans ihre Bands in Käfige halten wollen und ihnen vorschreiben wollen, wo sie hindürfen und wo nicht. Also, was sag ich Fans? Unsere Fans waren es ja nicht. Das sind die selbsternannten True-Fans. Die alles ablehnen, was nur in Richtung Mainstream geht. Das grenzt die Band nur ein und man kann sich nicht entwickeln und das wirkt sich am Ende auf die Musik aus, was schade ist. Gerade in der heutigen Zeit, wo es sehr schwierig ist, mit Musik Geld zu verdienen, da sucht man natürlich nach Möglichkeiten, um eventuell ein größeres Publikum für sich zu gewinnen. Das ist vollkommen legitim und sollte von den Fans eher unterstützt werden, als alles zu verdammen. Die Musik verändert sich ja auch nicht.
HL: Ein Teil des VOX-Formats ist ja im Anschluss ein Special über den jeweiligen Musiker. So war ich natürlich auch gespannt, was man bei di zu Tage fördert. Es war schon interessant zu sehen, dass du vorher in einer Girl-Group gesungen hast und eine gemeinsame Vergangenheit mit Milow und Jeanette Biedermann hattest, die ja auch in dieser Staffel zu Gast waren. Denkst du, dass solche Specials dabei helfen, Leuten deine Musik näherzubringen, die vorher nichts mit deiner Band zu tun hatten, oder kann sich das eher ins Gegenteil auswirken, gerade wegen der Vergangenheit?
JH: Also ich hatte bisher nur positives Feedback. Wie gesagt, ich finde nichts Schlimmes daran, sich in anderen Genres auszutoben. Warum auch? Ich stehe auch zu meiner Vergangenheit. Ich denke, dass das auch so rüberkam. Ich habe schon von einigen mitbekommen, die vorher nie etwas mit Metal zu tun hatten, dass sie dadurch angefangen haben, Metal zu entdecken. Es kamen echt einige auf mich zu, die mir das gesagt hatten. Die hatten mit Metal nichts am Hut entdecken aber jetzt auch andere Bands wie Within Temptation oder Nightwish für sich. Das finde ich toll.
HL: Im letzten Jahr hattet ihr ja auch eine Support-Tour mit Within Temptation gespielt. Ich finde, dass beide Bands perfekt gepasst haben. Nicht nur musikalisch, sondern auch, weil Within Temptation ähnlich kritisiert wurden wir ihr, weil sie irgendwann anfingen Pop-Elemente in die Songs einzubauen.
JH: Ich finde auch, dass es perfekt gepasst hat. Sogar am besten von allen anderen Tourneen bisher. Wir haben auch ganz viele Fans von Within Temptation für uns gewinnen können.
HL: Und jetzt steht auch eure eigene Headliner-Tour an für die ihr auch noch einmal euer letztes Album neu aufgelegt habt… als Special Edition.
JH: Ja, das ist korrekt.
HL: Was mich hier ein wenig enttäuscht hat ist die Tatsache, dass ihr als Bonusmaterial ‚nur‘ eine Best Of dazu gepackt habt. Erklär mir doch einmal warum, gerade wenn es massig Möglichkeiten als Bonus gegeben hätte.
JH: Wir hatten bei unserem letzten Album „Lost In Forever“ ja auch schon eine Special Edition, wo wir Live-Material drauf hatten. Das wollten wir nicht wiederholen. Ein anderer Grund war, dass wir die ersten beiden Alben damals nicht gleichzeitig international veröffentlicht hatten und es für die Fans von Übersee schwer gewesen ist, oder immer noch schwer ist, an die Alben ranzukommen. Außerdem haben wir durch die Within Temptation-Tour und die Sendung neue Fans dazugewonnen, weshalb das eine gute Idee war, einfach ein Best Of, als Bonus-CD dazuzulegen. Dieses Produkt spiegelt den derzeit aktuellen Stand von Beyond the Black wider. Also das aktuelle Album, dann das Beste aus den vorigen Alben, vor allem die Songs, die wir eh live spielen und drei komplett neue Tracks.
HL: Kommen wir auf die Tour zu sprechen. Was können wir da erwarten?
JH: Wenn ich jetzt sage, dass dies die geilste und beste Beyond the Black-Headliner-Tour wird, wäre das wahrscheinlich klischeehaft. (lacht)
HL: Definitiv, dafür müsstest du dann Fünf Euro ins Phrasenschwein werfen.
JH: Also, wir versuchen natürlich alles auf ein anderes Level zu heben. Das Schöne ist, dass wir nun die Mittel dazu haben. Wir haben schon einige Shows ausverkauft und einige stehen kurz vor Sold Out. Das wird bestimmt n geiler Abend für alle Beteiligten.
HL: Wie sieht es mit einem neuen Album aus? Habt ihr da schon Ideen?
JH: Ja, wir sammeln schon Ideen und haben auch schon einiges zusammen. Ich denke, dass wir nach der Tour uns ins Studio zurückziehen, so dass wir im nächsten Jahr mit einem neuen Album zurückkehren.
HL: Jenny, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg und Spaß auf der Tour. Wir sehen uns da.
JH: Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Ich freue mich, euch bei den kommenden Konzerten begrüßen zu können.
Text: Pat St. James ;