Interviews

Retermity : „Das Schubladendenken hat für uns keine Relevanz“

Das sympathische Vierergespann!

„Wir machen einfach das, worauf wir Lust haben“

An einem schönen Sommertag im Juni treffen wir Sänger Stefan Zörner, Gitarrist Semen Brik und Schlagzeuger Sascha Beul von RETERNITY zum Interview im schönen Heilbronn. Anm. des Red.: Gitarrist Carsten Sauter war zum Zeitpunkt des Interviews im Urlaub. Die Jungs haben mit ihrem Debüt „Facing the Demon“ ein wirklich klangvolles und ansehnliches Album abgeliefert. Aber lest selbst, was sie uns zu sagen haben.

Was braucht eine gute Geschichte, um zu funktionieren? Antwort: Beidseitiges Interesse. Bei Reternity, einer Band mit unterschiedlichen Charakteren, war dies der Fall. Stefan erzählt die besondere Entstehung der Band und das Wiedersehen mit Gitarrist Carsten Sauter: „Carsten und Ich haben uns immer wieder irgendwo gesehen und uns eigentlich nie aus den Augen verloren. Bei meiner damaligen Band Mithril hat er sogar vorgespielt und es hätte fast sogar geklappt. Aber leider wurde da nichts draus.“ Wie Stefan erzählt, gab es besonders für ihn auch harte Zeiten. Zeiten, in denen er sich komplett aus der Musikszene zurückgezogen hat: „Ich war damals in einer Phase, in der ich keine Lust mehr auf die Szene, auf die Leute und sogar vielleicht auch mich hatte. Es war definitiv keine einfache Zeit.“ Und obwohl Stefan Zörner wirklich auf gar nichts Lust hatte, juckte es ihn dann doch wieder und sagt: „Aufgrund meines Wiedereinstiegs hat Carsten damit begonnen, wieder Gitarre zu spielen und das, obwohl wir uns gar nicht gesehen oder gesprochen haben. Ein Tag nach meinem Ausstieg bei Spitefuel, hat er sich tatsächlich gemeldet und mich gefragt, ob ich nicht Lust habe mit ihm Musik zu machen. Man kann sagen: Das Wiederseh`n war also zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort!“ Diese Aussagen lassen darauf schließen, dass die Jungs „gemeinschaftlich“ arbeiten. „Jeder Tag ist für uns ein voller Triumph. Nach langjähriger Musikkarriere können wir sagen, dass wir uns auf jede Bandprobe freuen und haben im Prinzip jetzt schon gewonnen. Alles was noch kommt, ist Zubrot.“ Kein Wunder, denn das Album und die Band selbst strahlt ohne Frage eine gewisse Sympathie aus. „Semen und Sascha war für uns ein echter Doppelglücksgriff“, betont Stefan. „Wir haben genau eine Probe benötigt, um festzustellen, dass es zwischen uns harmoniert.“ Aber wie kamen die Beiden zu Reternity? Semen erzählt: „Bei mir war es totaler Zufall. Aufgrund meiner beruflichen Situation, bin ich damals nach Stuttgart gezogen und hatte für Musik einfach keine Zeit mehr. Aber irgendwann habe ich doch gemerkt, dass mir etwas fehlt und habe in verschiedenen Foren Anzeigen geschaltet. Auf meine Anzeige hin hat sich Carsten Sauter gemeldet. Nach einem Treffen mit Carsten und einer Bandprobe war es dann um mich Geschehen.“ Auch Sacha erzählt uns seinen Einstieg: „Bei mir war es fast genauso. Nachdem ich meine alte Band verlassen habe, wollte ich gleich wieder aktiv werden. Hab auch wie Semen verschiedene Anzeigen auf Facebook veröffentlicht – kurz darauf haben mich einige angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust hätte vorzuspielen. Als sich Carsten gemeldet hat und wir uns getroffen haben, wusste ich, dass es auch zwischenmenschlich einfach passt.“ Der musikalische Schaffensdrang der einzelnen Bandmitglieder ist definitiv ausgeprägt. Dazu passen auch die persönlichen Texte, wie Stefan erzählt: „Zum Zeitpunkt, als ich die Texte geschrieben habe, war es die Verarbeitung von vielen Dingen und sowas schreibe ich mir immer auf.“ Stefan erzählt uns dabei von seinem ganz persönlichen Traumtagebuch. „Viele werden dies vielleicht als schräg bezeichnen, aber ich träume sehr fotorealistisch.“ Die Träume können dabei unterschiedlicher kaum sein: „Es kann die Apokalypse mit Zombieüberfällen in Heilbronn sein bis hin zu irgendwelchen Planeten, die ich besuche. Mein veröffentlichtes Buch „Lyssea besteht hauptsächlich aus Träumen. „Facing the Demon“ ist daher eine bewusste Auseinandersetzung mit Verlust, Trauer und Wut.“ Er führt das Thema etwas aus: „Beruflich arbeite ich mit Menschen zusammen, die viel, wenn nicht sogar alles verloren haben. Es sind zum Teil alles Einzelschicksale. Es kann sein, dass eine 60-jährige oder eine Mutter mit einem 4-jährigen Kind vor mir steht. Denen sagen zu müssen, ihr werdet es in der Zukunft nicht leicht haben, ist gar nicht so einfach.“ Kein leichter Tobak also. Außerdem wichtig: Den Heilbronnern gelingt es, sich in mehreren Genres zu bedienen. Schließlich gibt es viele Bands da draußen – die wenigsten können aber einen wegweisenden, unverkennbaren Stil und Sound vorweisen. „Ich glaube, dass wir alle vier erkannt haben, dass es egal ist, in welche Schublade man greift. Vielwichtiger ist, dass die Songs uns selbst gefallen. Beim Songwriting-Prozess sollte man deshalb das machen, was einem gerade einfällt“, so Stefan. Neben den Texten lassen auch die Song-Strukturen aufhorchen: Es braucht schon ein paar Durchläufe – dann aber entfalten sich die Tracks zu einem Vergnügen. Aber wie sehen die Jungs den Pantera-Vergleich? „Wir lieben alle Pantera, jedoch möchten wir weder mit einer Schublade noch einer Band verglichen werden. Das Schubladendenken hat für uns keine Relevanz – wir machen das, worauf wir Lust haben.“ Sascha ergänzt: „Man hört ja privat auch nicht nur eine Art von Musik. Natürlich gibt`s die Leute, die nur Thrash- oder Death Metal hören, aber man beschäftigt sich dennoch mit unterschiedlichen Stilrichtungen. Und die Illusion zu sagen, ich werde Berufsmusiker und verdiene damit mein Geld, ist nicht mehr realitätsnah. Wir machen Musik, weil`s uns Spaß macht und ein erfüllendes Hobby ist – um mehr geht`s nicht.“ Der gleichen Ansicht ist Semen: „Für mich ist Musik ein reines Hobby. Ich sehe nicht die Notwendigkeit, damit Geld zu verdienen. Für mich war es nur wichtig, eine Band zu finden, die eigene Songs schreibt.“ „Facing the Demon“ besitzt wirklich Potential – wenngleich die Entwicklung weitergeht. „Wir denken, es wird noch eine Weile dauern bis es bei den Leuten ankommt, dass Reternity unterschiedliche Einflüsse und Stilrichtungen in den Songs praktiziert. Dadurch werden wir sicherlich auch einige Leute verlieren, aber das ist uns total egal.“ Man kann sagen, was man will, aber: Die Jungs haben eine gesunde Einstellung und hinterlassen durch ihre sympathische Art bleibenden Eindruck. Wer also etwas mit Heavy Metal anfangen kann, sollte sich „Facing the Demon“ zu Gemüte führen.

www.facebook.com/reternityband

Text: Markus Seibel