Interviews

Dust Bolt: Keine Lust (mehr) auf Monster!

Die Bayern Thrasher Dust Bolt sind fleißige Musiker, die seit Jahren im regelmäßigen Rhythmus superbe Alben machen. Für das vierte Werk „Trapped Into Chaos“ sind die vier Musiker noch variabler geworden, in allen Bereichen. Dazu befragten wir Frontmann und Gitarrist Lenny Breuss, der zum Glück keine Promofloskeln von sich gab.

Hardline: Hallo Lenny! Nach vier Alben seid ihr nun mit einer ganz anderen Art von Artwork am Start. Das Auge ist sicherlich was ganz anderes als eine Art Thrash Metal Monster / Figur wie auf den bei den Vorgängern. Was wolltet ihr damit ausdrücken?

Lenny Breuss: Hey! Ja definitiv! Ach weißt du, ganz ehrlich gesprochen – wir wollten uns davon einfach verabschieden. Thrash Metal Monster mit Bomben, das sind nicht wir. Und das waren nie wirklich wir. Natürlich fanden wir das trotzdem sehr cool! Und tun das immer noch, aber für dieses Album ging es darum, unsere Identität zu finden. Wir waren an einem Punkt, an dem wir entscheiden mussten, wohin soll es mit uns gehen? Als Menschen, vollkommen privat – aber auch als Band. Wer sind wir und wo wollen wir hin? Und genau um diese Suche, um diese schwierige Phase mit vielen Tiefen und Höhen, ging es uns bei dem Album – da war klar, auf dem Cover ist kein Platz mehr für Bombenmonster – es musste etwas tief gehendes sein.

Hardline: Ihr seid in erster Linie eine sehr fleißige Truppe, die seit Beginn eurer Veröffentlichungen alle zwei Jahre was am Start hatte. Wie schafft ihr das und wollt ihr das in Zukunft beibehalten?

Lenny Breuss: Das haben wir uns auch schon oft gefragt wie wir das schaffen, (haha). Nein, im Ernst. Es wird natürlich immer schwieriger das Musikerleben – welches das Übel mit sich bringt, eine bislang zu 100 % brotlose Kunst zu sein – mit einem „normalen“ Leben bzw. einem Alltag und Jobs zu vereinen. Aber was Dust Bolt auszeichnet und auch einen erheblichen Teil dazu beigetragen hat, dass wir dort stehen, wo wir jetzt sind ist, dass wir seit Beginn vor 12 Jahren keinen einzigen Tag Pause gemacht haben. Im Kopf, im Ehrgeiz, in Sachen harter Arbeit und Zielstrebigkeit. Aber ich denke das ist allumfassend für egal, was man macht – egal ob Musik, eine andere Art von Kunst, Familie, Sport – was es auch sein mag. Wenn du einen Traum hast und dafür brennst und bereit bist, jeden Tag mehr als hundert Prozent dafür zu geben, wirst du ihn erreichen. Oder zumindest auf dem Weg dahin, ganz viele andere spannende und schöne Erfahrungen machen, die du so nie gehabt hättest. Das Geheimnis ist, keine Ausreden zu haben. Doch leider haben sehr viele Menschen immer sehr viele Ausreden, bevor sie nur irgendetwas gewagt haben. Wenn du eine Ausrede hast, willst du es nicht wirklich. Wenn du es wirklich willst, wirst du auf die Schnauze fallen, aber genauso auch wieder aufstehen, daraus lernen und weitermachen.

Hardline: Viele Bands heutzutage wechseln gerade wenn sie noch nicht zu den alten und ultrabekannten Hasen des Business gehören oft die Labels wie die Unterhosen. Ihr seid da eher konstant, wie kommt es?

Lenny Breuss: Da spielen natürlich viele Faktoren mit rein. Das Musikbusiness ist ein ganz eigenes und kaum einem anderen Business Umfeld zu vergleichen. Das alle 4 Alben bislang am selben Label rausgekommen sind hat verschiedene Gründe. Aber generell mögen wir es, konstante Arbeitspartner zu haben. So haben wir Beispielsweise von erster Demo bis zu „Trapped in Chaos“ immer mit denselben Tontechnikern im selben Studio zusammengearbeitet.

Hardline: Euer neues Album ist für mich eine gekonnte Mischung aus Vergangenheit und Jetztzeit. Ich glaube bei euch immer ganz viel US Thrash Metal als Einfluss zu hören den ihr aber versucht in eigene Lieder zu kanalisieren. Wie schwer war für euch das neue Album und was macht man als Band gegen das Problem nicht unfreiwillig irgendwo zu klauen (bei sich selbst und anderen)?

Lenny Breuss: Jeder wird auf verschiedene Art und Weise inspiriert. Und das kann alles sein. Auch vielleicht ein Album aus der Kindheit, das die Eltern gerne gehört haben und plötzlich entdeckt man es wieder. Egal welche Musikrichtung. Für uns haben natürlich vor allem die beiden langen Touren in den USA einen enormen Einfluss gehabt und eine Inspirationsquelle dargestellt. Wenn ich in der kreativen Phase bin, vermeide ich z.B. Metal zu hören. Dann höre ich alles andere und das ist viel, denn ich bin ein absoluter Musikfan – genreunabhängig. Aber es ist auch völlig OK sich inspirieren zu lassen. Nimm den Blues – ein einfaches Schema. Quasi für Jedermann. Es wiederholt sich immer und immer wieder – aber jeder macht seine Geschichte und seine Interpretation daraus.

Hardline: Was mir aufgefallen ist und auch in den Infos erwähnt wurde – ihr seid recht variabel geworden was Musik und Gesang betrifft und gebt nicht nur Vollgas. Kommt das durch Erfahrung, oder wolltet ihr nach drei Alben einfach mal neues probieren?

Lenny Breuss: Das hat mehrere Hintergründe. Was den Gesang angeht, habe ich einfach wieder mehr zu mir selbst gefunden und nun das nötige Selbstvertrauen. Viele Leute mögen das nicht in den härteren Metal Arten melodiösen Gesang einzubauen – das war nun für mich ein Grund es erst recht zu tun. Ich habe immer schon gesungen, schreibe viele Akustiksongs und spiele damit auch Gigs. Warum sollte ich das nicht nutzen und auch in Dust Bolt einbauen? Ich will mich nicht mehr verstecken, sondern sein, wer ich bin und damit ist ganz natürlich gekommen.

Hardline: Live seid ihr für mich eine ungeheuer energetische Band. Viele Acts sagten mir in den letzten Jahren, dass Livealben doch nicht mehr wichtig sind. Ich finde es eher albern, wenn eine Band das nach zwei Alben macht, ihr habt nun vier. Gibt es da Überlegungen in dieser Richtung und wenn ja, welche, klassische Livescheibe, DVD, etc.?

Lenny Breuss: Ehrlich gesagt gibt es da noch keine konkreten Pläne und wir haben da uns noch keine Gedanken gemacht. Die Show in Tokio in 2 Wochen wird wohl auf DVD aufgenommen. Ich bin aber ein großer Fan davon, die Liveerfahrung als ein Mysterium zu erhalten. Für zuhause gibt’s die CD/ Vinyl, live ist live und soll ein einzigartiger Moment sein, der nicht reproduzierbar ist. Auch das Publikum, die Stimmung, die mentale Verfassung, der Club – alles hat einen Einfluss auf die Show wenn du dafür offen und spontan bist. Der Zuschauer hat somit einen erheblichen Anteil an dem, was passiert. Ich mag diesen Gedanken.

Hardline: Coversongs sind immer noch schwer in im Metal. Ob Klassiker oder was Genre-fremdes wie Popmusik. Wie stehst du eigentlich dazu und könntet ihr euch sowas vorstellen?

Lenny Breuss: Auch wir haben schon 2 Songs gecovert. Aber das eher nur Spaß an der Freude. An sich sind wir aber nicht die Band, die viel auf Coversongs gibt oder im Proberaum covert. Da Jammen wir lieber frei raus. Aber ich denke schon lange darüber nach, einen alten Song aus einem ganz anderen Genre mal Live ins Set einzubauen. Vielleicht einen eher politisch angehauchten Song von Bob Dylan oder Neil Young z.B. Die Metaller müssen da auch etwas offener werden und die Scheuklappen ablegen.

Hardline: In der Vergangenheit wart ihr mit diversen Legenden unterwegs, was euch sicherlich auch Fans und Aufmerksamkeit gebracht hat. Was ist denn da 2019 geplant, kannst du schon was sagen in Sachen Europatournee oder Deutschlandtournee?

Lenny Breuss: Für 2019 sind sehr coole Sachen in Planung aber dazu kann ich noch nichts verraten. Alles was ich sagen kann ist – be prepared. 2019 wird krass. Trappen in Chaos wird krass.

Hardline: Was wolltest du schon immer mal loswerden und was nervt dich gerade?

Lenny Breuss: Ach da würde mir so einiges einfallen. Ich denke aber allgemeinen, dass sich Metal neu erfinden muss. Das ausschlachten alter Opi-Bands (nicht böse gemeint, nichts für ungut) und dieser ewige Kult um Vergangenes muss aufhören. Es ist 2018. Kriegt es in eure Köpfe. Es gibt genug Scheiß, der passiert, der uns kochend, wütend und den Mittelfinger erhebend machen sollte. Hendrix und Co. haben es auf „Woodstock“ gezeigt, was möglich ist. Eine Rock-Show kann die Welt verändern, lasst es uns machen. Ganz egal wie du aussiehst, wo du herkommst, wen du liebst oder an was du glaubst… oder auch nicht: Es ist Musik – es ist Leidenschaft! Eine der schönsten Dinge im Leben, Scheuklappen weg, Herz auf und los geht‘s. Wir sollten da alle mehr an einem Strang ziehen. Da kann man oft was vom Punkrock lernen. Mach das Shirt rosa. Ganz egal, wenn es etwas bedeutet und du daran glaubt es, zieht es durch. Egal was die anderen sagen. Und für solche Ideen müssen wir offener werden.

Hardline: Eine Gute Einstellung!

http://dustbolt.net/
Text: Thorsten Dietrich